Donnerstag, 14. März 2019

Gentzrode

Im Oktober 2018 haben wir das ehemalige Gut Gentzrode besucht.

Einige Kilometer hinter Neuruppin zweigt von der Landesstraße 16 ein unscheinbarer kopfsteingepflasterter Weg nach rechts in den Wald ab. Folgt man diesem Weg, so führt er einen direkt auf den alten Kornspeicher zu, der seinen markanten Turm stolz in den Himmel reckt. Doch je näher man diesem Bauwerk kommt, desto offensichtlicher zeigt sich der traurige Zustand des Gebäudes. Auf der Aussichtsplattform des Turmes sprießt junges Grün, die Fenster- und Türöffnungen sind leer, das Dach des Speichers fehlt. Und trotz allem besticht die Schönheit des Bauwerks auch heute noch...

Die Ruine des Kornspeichers mit Wohnturm

Nachdem die Familie Gentz in den Jahren 1856/57 insgesamt 2.756 Morgen Land vor den Toren Neuruppins erworben hatte, begann man sogleich mit der Gründung eines neuen Guts. Da die Familie in Neuruppin wohnte, bestand zunächst keine Notwendigkeit für den Bau eines Wohnhauses. So waren die ersten Gebäude auf dem Gutsgelände Wirtschaftsgebäude und Unterkünfte für die dort beschäftigten Arbeitskräfte. Doch schon nach kurzer Zeit verspürten die Gutsherren den Wunsch nach einer Unterkunft vor Ort. So entstand noch vor dem Herrenhaus der Wohnturm als Teil eines Kornspeichers.

Zwischen Lageplan und Luftaufnahme liegen 144 Jahre.
Nur Kornspeicher mit angeschlossenem Pferdestall und Herrenhaus
haben die Zeiten überstanden.

Der Wohnturm mit Kornspeicher als Motiv auf einem Notgeldschein von 1921

Dem Eingang gegenüber befindet sich ein offener Kamin
als Teil des Gartensalons im Wohnturm

Der Turm ist komplett unterkellert. Hier lagerte einst das Eis, welches zur Kühlung der Maische für die Brennerei gebraucht wurde. Die darüber befindlichen Räume dienten der Familie Gentz als Wohnräume. Im Erdgeschoss befand sich ein Empfangszimmer in Form eines Gartensalons. Im Obergeschoss war ein weiterer Raum für die Familie, und im 2. Stock lag das Schlaf- und Logierzimmer. Vom obersten Stock gab es einen Zugang zur Aussichtsplattform des Turmes.

Blick in den Keller unter dem Wohnturm
[© Stian-Lasse Adam]

Das Deckengewölbe des Wohnturms

Noch heute finden sich Überreste der ursprünglichen Wandgestaltung

Der Schriftsteller Theodor Fontane beschrieb die innere Ausgestaltung des Wohnturmes folgendermaßen: „...Es ist eine dunkelgrüne runde Halle, oben mit goldenen Sternen bemalt.“ Davon lässt sich auch heute noch einiges erahnen.

Man kann den einst so prächtigen Innenraum noch heute erahnen

Das andere Ende des Gebäudes


Kornspeicher mit Wohnturm, um 1865
[Repro aus dem Heft „Schlösser und Gärten der Mark: Gentzrode“]



Blick ins Innere, in Richtung Wohnturm

Seitenansicht des Speichers

In einiger Entfernung zum Kornspeicher befindet sich die Ruine des im Maurischen Stil im Jahr 1876/77 erbauten Herrenhauses. Leider ist die Vegetation rund um das Gebäude herum sehr dicht, und verhindert somit den Blick auf die gesamte Gebäudefront, der in früheren Zeiten wohl atemberaubend gewesen sein muss.

Ansicht des Herrenhauses um 1900
Postkarte [Repro]

Bei unserem Besuch ist von der prachtvollen Fassade leider kaum etwas zu erkennen

Ostfassade des Gebäudes

...und die Westfassade

Früher war's hier bedeutend schöner...

Detail an der Dacheinfassung




Das Wappen derer von Gentz



Nur drei Jahre nach Fertigstellung des Herrenhauses musste Alexander Gentz 1880 den Offenbarungseid leisten. Nach zahlreichen Besitzerwechseln wurde die Liegenschaft ab 1934 vom Militär genutzt. 1945 schließlich nahmen es russische Truppen in Besitz. Bis zum Jahr 1993 lag das Gut im militärischen Sperrgebiet und seit dem Abzug der Russen liegt es ungenutzt und steht leer. Seit dem Jahr 2000 ist ein privater Investor neuer Besitzer von Gentzrode, doch es wird nur wenig zum Erhalt der Anlage getan. Daher ist der heutige Zustand der Gebäude leider sehr marode und es ist fraglich, wie lange diese wohl noch stehen werden.

Das Gebäudeensemble im Jahr 2017 aus der Luft
[Quelle: Märkische Allgemeine]

Zu weiteren Details der Geschichte des Gutes Gentzrode gibt ein älterer Blogbeitrag Auskunft: Gentzrode.


Quellen: Fotos eigene (Oktober 2018) bzw. wie angegeben. Zahlen, Daten und Fakten zur Geschichte Gentzrodes stammen aus dem Heft „Schlösser und Gärten der Mark: Gentzrode“, herausgegeben vom „Freundeskreis Schlösser und Gärten der Mark“ (2004).

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