Donnerstag, 28. Januar 2010

Das Schloß in Eldingen


Das Eldinger Schloß lag lange Zeit im Dornröschenschlaf und wartete auf bessere Zeiten. Inzwischen (Stand 2012) hat das Schloß einen neuen Besitzer, eine vollkommen neue Bestimmung, und damit eine Zukunft erhalten. Obwohl es damit nicht mehr als Lostplace bezeichnet werden kann, möchte ich dennoch kurz die Geschichte dieses besonderen Gebäudes nachzeichnen.

Im Jahre 1904 wurde es durch Baron Walther Johannes von Caron (1855 – 1937) im neobarocken Stil erbaut.

Ausschnitt aus einer alten Postkarte
Ehrentafel im Eingangsbereich


In den 1950er Jahren diente das Schloß als Altenheim bis es zwischen 1961 und 1984 Sitz der „Schule Schlaffhorst-Andersen“, eine Schule für Atemtherapie, wurde.

Das Schloss als Postkartenmotiv aus der Zeit Anfang der 60er Jahre


Von 1984 bis 1987 nutzte das Jugenddorf Celle (CJD) das Schloß als Wohnheim für Aussiedlerschüler.

1987 schließlich wurde es an einen privaten Investor verkauft, der mit Renovierungsarbeiten begann, die allerdings sehr schnell wieder eingestellt wurden. Danach stand das Gebäude leer und sah einer ungewissen Zukunft entgegen (was es auf die Liste meiner Lostplaces brachte...).

Im Jahr 2009 jedoch wurde dieser Dornröschenschlaf für einige Wochen unterbrochen, denn das Eldinger Schloß diente als Kulisse für eine Filmproduktion des Norddeutschen Rundfunks (NDR): BERLIN '36. Es ist die auf den unglaublichen aber wahren Erlebnissen der Gretel Bergmann basierende Geschichte zweier Außenseiterinnen, Gretel und Marie, die aus unterschiedlichen Gründen am Rande der NS-Gesellschaft stehen. Um zu verhindern, dass die jüdische Favoritin Gretel Bergmann eine Goldmedaille im Hochsprung der Frauen bei der Sommerolympiade 1936 in Berlin gewinnt, schicken die Nazis die Konkurrentin Marie, die in Wirklichkeit ein Mann ist, in Trainingslager und Wettkampf. Gegen alle Widerstände freunden sich die beiden Sportlerinnen an und kämpfen am Ende gemeinsam für ihre Würde, ihre sportlichen Ziele und ihr Überleben in einem unmenschlichen System.

Extra für diesen Film wurden im Garten des Schlosses eine Hochsprunganlage und eine Wettkampfbahn angelegt.



Wie aus der Celleschen Zeitung vom 25. Februar 2010 zu erfahren war, stand das Eldinger Schloss am 18. März 2010 zur Zwangsversteigerung an:



Das Schloß fand dabei einen neuen Besitzer: die Event Consulting and Management GmbH. Wie aus dem folgenden Artikel aus der Celleschen Zeitung vom 1. November 2011 zu erfahren ist, sollen dort künftig mehrere Verkaufsveranstaltungen, Hochzeiten und Seminare pro Jahr stattfinden.

Artikel aus der Celleschen Zeitung vom 1. November 2011
Die Messe "Winterträume" fand dort vom 3.-6. November 2011 statt
Wir haben das erste Event, die „Winterträume“ am 6. November 2011 besucht und waren von der Veranstaltung und natürlich vom Veranstaltungsort sehr begeistert. Es ist schön, dass das Eldinger Schloß nun wieder eine Zukunft hat und damit von der Liste der Lostplaces im Landkreis Celle gestrichen werden kann!

Hier nun noch einige „Winterträume“-Impressionen:


Ausstellungspavillons im Schloßpark



Die Gartenseite des Schlosses


Es gibt viel zu sehen und zu kaufen auf der „Winterträume“...

Der ehemalige Schlossteich wartet noch auf seine Restaurierung



Nachtrag:

Der Schloßteich wurde mittlerweile aufwändig renoviert, wie diese Aufnahme von Oliver Woop zeigt:



Quelle (u. a.): www.nordmedia.de; www.eldingen.info; wikipedia; Cellesche Zeitung; Fotos: eigene und z.T. Thomas Staedler, Oliver Woop - vielen Dank

Mittwoch, 27. Januar 2010

Die "Casa Hamilton" auf Teneriffa


Auf Teneriffa, unterhalb von Romantica I (Ortsteil von Los Realejos), gibt es eine herrschaftlich anmutende Ruine „el Elevador de Aguas de Gordujuela“, von der aus sich gemauerte Leitungen im Zickzack den Hang hinauf ziehen.


Was wie ein verfallenes Märchenschloss wirkt, ist allerdings das weniger romantische Relikt moderner Ingenieurkunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Tatsächlich sieht man hier die Überreste der ersten Wasser-Pumpanlage der Insel. Errichtet wurde sie im Jahr 1903 von der Familie Hamilton und dem Militäringenieur José Galván, um das Wasser der Gordejuela-Quelle, die kurz über der Wasseroberfläche entsprang und deren Wasser bis dahin ungenutzt ins Meer floss, für die Landwirtschaft nutzbar zu machen.


Dank der Ingenieurtechnik wurde das Wasser nun zu den Menschen und deren Feldern gepumpt und sorgte so dafür, dass bis dahin trockenes Brachland für die Landwirtschaft erschlossen werden konnte.

Derzeit bemüht sich die Gemeinde Los Realejos darum, die Ruine zum Weltkulturerbe erklären zu lassen und sie dadurch der Nachwelt zu erhalten.

Mittwoch, 13. Januar 2010

Historischer Autofriedhof Gürbetal

Bei diesem Lostplace handelt es sich um etwas ganz Besonderes: es geht um den ehemaligen historischen Autofriedhof Gürbetal, ein Teilgelände des Autoverwertungsbetrieb Messerli Autoverwertung GmbH in der Gemeinde Kaufdorf im Schweizer Kanton Bern. Der Autofriedhof stellte eine Ansammlung von über 1.000 Autowracks und etwa 400 Motorrädern aus den 1930er bis 1970er Jahren dar.


Geschichte

Der gelernte Zimmermann Walter Messerli begann 1933 mit dem Handel gebrauchter Automobilersatzteile. Dazu kaufte er ausgediente Fahrzeuge auf, baute wiederverwertbare Teile aus und stellte die Karosserien auf das landwirtschaftliche Anwesen seiner Eltern. Da sich Nachbarn durch den Anblick der Fahrzeugwracks gestört fühlten, musste Messerli auf Anordnung der Gemeinde Bäume als Sichtschutz pflanzen.

1975 übernahm Franz Messerli den Betrieb von seinem Vater und führte das Unternehmen weiter. Die inzwischen ansehnliche Ansammlung ausgeschlachteter Fahrzeuge mit dem Schwerpunkt 1940er bis 1960er Jahre, die teilweise bereits in verwildertem Pflanzenwuchs versanken, war ein aussergewöhnliches Zeugnis der Schweizer Verkehrsgeschichte, dem sowohl das Verkehrshaus Luzern wie auch das Historische Museum Bern einen kulturhistorischen Wert attestierten.


Fahrzeuge

Neben ganz alltäglichen Fahrzeugen der 1940er bis 1960er wie Auto Union, Volkswagen, Mercedes, Ford, Opel, Lloyd, Goliath, Fiat, Peugeot oder Citroen waren auch exotische Autotypen wie Studebaker, Mercedes-Benz 190 SL Roadster, Panhard, Sunbeam oder Buick auf dem Autofriedhof abgestellt. Aber auch Sonderaufbauten und -Karosserien, z. B. ein Peugeot 203 Cabriolet mit Worblaufen-Karosserie oder ein VW-Bus mit seltenem Beutler-Aufbau, und selbst Fahrzeuge des Ostblocks wie Framo oder Tatra fanden sich auf dem Gelände. Kaufangebote für einzelne Wracks oder deren zum Teil sehr wertvolle Ersatzteile wurden durch den Autoverwerter Messerli lange Zeit abgelehnt. „Ich sehe den Autofriedhof wie ein Puzzle. Fehlt auch nur ein einziges Teilchen, ist es nie mehr vollständig“ meinte Messerli dazu.

Da die Messerlis der Öffentlichkeit den Zutritt verwehrten, blieben die Kaufdorfer Autos, abgesehen vom natürlichen Verfall, oft vollständig erhalten - anders als auf ähnlichen Plätzen wie etwa Kyrkö Mosse in Schweden oder in einem Wald bei Châtillon (Belgien).

Räumungsbefehl

Der historisch gewachsene Verwertungsbetrieb erfüllte schliesslich nicht mehr die inzwischen geltenden Bundes- und Kantonsvorschriften. Nach Interventionen des Kantons ab Frühjahr 2000 erging durch die Gemeinde Kaufdorf 2004 ein Massnahmenkatalog an den Betreiber. Darin wurden auch aus Umweltschutzgründen die Räumung des Autofriedhofs und die Sanierung des Geländes angeordnet.

Neben Messerli wehrten sich auch Oldtimerfreunde gegen den Räumungsbefehl. Die juristische Auseinandersetzung zwischen Messerli und der Gemeinde Kaufdorf sowie die Lösungssuche für den Erhalt des Autofriedhofs, z.B. als eine Art Freilichtmuseum, fand ein internationales Medienecho.
2008 wurde vom Förderverein Historischer Autofriedhof Gürbetal auf dem Autofriedhof eine nationale Kunstausstellung veranstaltet. Das Gelände wurde dafür für die erwartete hohe Besucherzahl vorbereitet. Über Bereiche, in denen die Autowracks dicht an dicht abgestellt sind, wurden Fussgängerstege gebaut. Über 30.000 Menschen besuchten die Ausstellung und den Autofriedhof.

Auflösung

Trotz des weltweiten Echos und Konzepten eines Erhalts des Autofriedhofs stimmte die Gemeinde Kaufdorf der Umnutzung nicht zu. Sie bemängelte die nicht erfüllten Umweltauflagen und eine ungesicherte Finanzierung. Der Förderverein vermutete Rache als Teilmotiv der Gemeinde, da es in den vergangenen Jahrzehnten zu rund hundert juristischen Auseinandersetzungen zwischen der Familie Messerli und der Gemeinde bzw. Anwohnern gekommen war. Eine letzte Frist für ein neues Umnutzungskonzept wurde zunächst bis März 2009, dann bis September 2009 gewährt. Nach dieser Frist wurde die Räumung angeordnet. Während der Förderverein nach eigener Angabe den Räumungsentscheid akzeptierte, verweigerte Messerli nach wie vor die Räumung und liess die Frist bis Ende März 2009 ungenutzt verstreichen.


Kurz darauf stimmte Messerli dem Räumungsbefehl zu. Zunächst versuchte er vergeblich, sämtliche Fahrzeuge des Autofriedhofs „en bloc“ zu versteigern; das geforderte Mindestgebot lag bei 1,09 Millionen Schweizer Franken. Schliesslich wurde eine Auktion durch die Oldtimergalerie Toffen organisiert, bei der am 19. September 2009 die Fahrzeuge einzeln und ohne Mindestgebot versteigert wurden. 499, also rund zwei Drittel der Fahrzeuge, wurden für Preise zwischen 50 und 17.000 Schweizer Franken verkauft, der Rest wurde entsorgt.

Messerli möchte das geräumte Gelände künftig als Lagerplatz für Fahrende zur Verfügung stellen, die Gemeinde Kaufdorf plant dagegen an gleicher Stelle einen Badesee.


Quelle, u. a.: Wikipedia; Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 4. 10. 2009

Dienstag, 12. Januar 2010

Das Neue Lusthaus in Stuttgart


Die Bedeutung des Wortes "Lusthaus" ist den meisten heutzutage nicht mehr geläufig. Passanten, die die ruinösen Reste des Neuen Lusthauses im Mittleren Schlossgarten in Stuttgart erblicken, glauben der Beschriftung entnehmen zu können, dass es sich bei diesem Gebäude um ein Bordell gehandelt hat.
Doch in einem "Lusthaus" frönte man keineswegs der fleischlichen Lust. Vielmehr war es ein Festgebäude, das eben allein dem Vergnügen, der "Lust" dienen sollte und nur für einen zeitlich begrenzten Aufenthalt gedacht war. Hier wurden größere und kleinere Festlichkeiten veranstaltet, Festmähler ausgerichtet und getanzt, das Untergeschoss diente als Wandelhalle und hatte musealen Charakter.

Lusthäuser oder auch Lustschlösser bzw. eigenständige Saalbauten, die man inmitten eines Gartens errichtete, gibt es seit der Renaissance. Das Stuttgarter Neue Lusthaus war zu seiner Zeit offensichtlich nicht nur das größte Bauwerk dieser Art in Deutschland, es war auch weithin berühmt für seine gelungene Architektur und Ausstattung.


Baugeschichte

Das beherrschende Element des herzoglichen Gartens bildete seit 1584 das Neue Lusthaus. Auf allen alten Ansichten der Stadt Stuttgart setzt dieses Gebäude einen deutlichen Akzent. Denn mit seinen riesigen Ausmaßen überragte es nicht nur die Gartenanlagen, sondern bot mit seiner durchgeformten Architektur auch einen unübersehbaren Kontrast zum Alten Schloss: Der große Giebelbau mit seinem laubenartigen, von vier Ecktürmen gefassten Vorbau und den zweiläufigen Treppen an den Längsseiten war 64 Meter lang, 29 Meter breit und 34 Meter hoch.
Die Pläne für dieses bedeutende Bauwerk der deutschen Renaissance erstellte Georg Beer (1527-1600). Er hatte schon am Alten Schloss gearbeitet, seit 1575 wurde er als württembergischer Hofbaumeister beschäftigt.

Bereits im Herbst 1583 ließ man 1.700 Eichenpfähle für das Fundament liefern. Am 30. März 1584 schlug Herzog Ludwig selbst den ersten Pfahl ein, am 2. Mai wurde der Grundstein gelegt. Drei Jahre später (1587) ist der Rohbau vollendet, worauf man an die Ausmalung des Saales gehen konnte. Erst danach ging man daran die vier Ecktürme zu errichten. Der gesamte Bau samt Innenausstattung wird schliesslich am 5. August 1593 fertig gestellt. Dem Bauherrn Herzog Ludwig war es somit nicht mehr vergönnt, diesen Prachtbau in vollendetem Zustand zu nutzen, denn er starb am Vortag der Einweihung des Neuen Lusthauses.

Architektur und Äußeres

Das Neue Lusthaus war ein zweigeschossiger Bau, die Giebelseite wies zum Alten Schloss, der damaligen Residenz. Im Erdgeschoss war dem Kernbau (62 x 24, 5 Meter) ringsum ein filigraner Arkadengang vorgelagert. Die zylindrischen Ecktürme mit hohen, einschwingenden Kegeldächern waren nur durch diesen Arkadengang an den Kernbau angebunden.

Die Außenwände des Erd- und Obergeschosses waren glatt und allein durch Türen bzw. hochrechteckige Doppelfenster (im Obergeschoss) gegliedert. Die Wände des Erdgeschosses wurden ohnedies durch den umlaufenden Arkadengang verdeckt. Hier ruhten die Bögen auf ionische Säulen. Dem Säulengang vorgelagert waren an den Längsseiten über sechs Arkaden jeweils eine doppelläufige Treppe. Der Zugang zum oberen Umgang führt über eine Doppelarkade mit aufgesetztem Zwerchhaus. Reich gegliedert und mit Steinmetzarbeiten verziert waren die hohen Hauptgiebel. Übereinander angeordnete ovale, kreisrunde und doppelbogige Fensteröffnungen durchbrachen das Mauerwerk. Das für die Renaissance-Ornamentik charakteristische Rollwerk und auf die horizontalen Gesimse gestellte Figuren verliehen der Giebelsilhouette große Lebendigkeit. Aus dem bekrönenden halbrunden Giebelstück neigte sich die Büste des Baumeisters Georg Beer den tief unten stehenden Menschen zu.

Innenausstattung

Erdgeschoss - Wandelhalle

Das Erdgeschoss konnte man an den Längsseiten durch jeweils vier, an den Schmalseiten durch je zwei Türen betreten. Im Inneren befand sich eine große netzgewölbte Halle, in deren Boden drei rechteckige Wasserbecken eingelassen waren. Zwischen den Bassins standen 24 gedrungene toskanische Säulen, die das Gewölbe tragen. Die Schlusssteine der Gewölberippen zeigen 24 Wappen von Ämtern, Klöstern und Städten des Herzogtums Württemberg. An den Tragsteinen der Gewölbe hat man 65 Büsten mit Darstellungen des Herzogs Ludwig, seiner beiden Gemahlinnen und 62 Vorfahren angebracht. Die Wände sind ringsum mit Bildnissen von Kaisern, Königen und Fürstlichkeiten geschmückt. Zudem hat man hier auch antike Inschriften und Grabsteine, die in Württemberg ausgegraben wurden, aufgestellt.
Auch in der Mitte der drei Wasserbecken stehen Säulen, in deren unteren Drittel Wasserröhren angebracht sind: Sie dienen als wasserspeiende Brunnensäulen. Das Wasserreservoir für die Brunnen befand sich in einem der vier Ecktürme. In den Bassins wurden zu Zeiten Herzog Ludwigs Fische gehalten. Der Fußboden der Halle und des Altans ist mit quadratischen und sechseckigen Steinplatten in Rot und Weiss belegt.



Obergeschoss - Festsaal

Das gesamte Obergeschoss wurde von einem einzigen Saal eingenommen. Er maß 20,3 Meter in der Breite, 14, 6 Meter in der Länge, war 14, 6 Meter hoch und wurde von einer hölzernen Tonnendecke überspannt. Am Scheitel der Tonne waren drei Riesenpeitschenleuchter angebracht. Die Decke war vollständig bemalt, die Darstellungen zeigten himmlischen Szenen (Erschaffung der Welt mit dem Sündenfall, die Anbetung des Lammes und das Jüngste Gericht). An der Fußlinie des Gewölbes schlossen sich friesartig Jagddarstellungen an. Um den gesamten Raum zog sich eine auf Balustersäulchen ruhende Bank. Darüber war die Wand zu einem Drittel vertäfelt. Die Wandstücke oberhalb der Vertäfelung wurden an den Stirnseiten von gerahmten Landkarten geschmückt: Sie zeigten Ämter und Forste des Herzogtums Württemberg nach der Landaufnahme des Geographen Georg Gadner.

In der Mitte jeder Längsseite hatte man ein prächtiges Portal aus braunem und weissem Alabaster errichtet. Die Portale entwickelten sich in drei Schichten vor der Wand, die dritte Schicht trug einen attikaähnlichen Aufsatz. Er wird von den Wappen des Herzogspaares geziert. Über dem Gebälk der Attika saß jeweils eine querovale, kartuschenartig gerahmte Schallöffnung, die das Musikzimmer im Zwerchhaus mit dem Saal verbindet. Jeweils eine Figurengruppe aus drei Musikanten krönte das Portal.

Die Musikzimmer waren gewölbt und vertäfelt. Herzog Ludwig ließ in jedem Zimmer eine Orgel aufstellen. Bei Veranstaltungen im Saal waren die Musiker in diesen Räumen untergebracht.

Die Innenräume der Turmobergschosse waren mit Historien und Jagdszenen ausgemalt. Sie dienen nach Frischlin zum "Kurzweilen, Zächen, Spielen und was man will".
Unter dem hohen Dach war eine komplizierte Dachstuhlkonstruktion untergebracht, die die hohe, aussergewöhnlich weite stützenlose Wölbung der Saaldecke ermöglichen soll.

Bautyp

Ein eigenständiger Saalbau, der allein dem Vergnügen bzw. Festlichkeiten vorbehalten war, ist ein Bautyp, der in der Renaissance aufkam. Der Adel war zunehmend bestrebt, sich auch bei seinen Festen zurückzuziehen. Zuvor hatten diese vorwiegend im öffentlichen Raum unter Teilnahme des Volkes stattgefunden. Nun zieht man in adligen Kreisen die Abgeschlossenheit von Schlössern und Gärten vor. Im Barock wird diese Entwicklung mit der Anlage von Schlossbauten oder Lustschlössern fernab der Städte fortgeführt. Auch hier konnte man ungestört dem Festrausch und dem Vergnügen frönen. Zu seiner Zeit war das Stuttgarter Neue Lusthaus offensichtlich das größte Bauwerk dieser Art.

Nutzung und Funktion des Neuen Lusthauses

Die Brunnenhalle im Erdgeschoss erfreute sich in erster Linie als erfrischender Grottenraum und Wandelhalle großer Beliebtheit - zumal an heissen Sommertagen. Zugleich diente sie aber auch als Ausstellungsraum. Darauf lassen die Anbringung von antiken Inschriften- und Grabsteinen sowie die Aufhängung von Portraits schließen.

Sowohl vom umlaufenden (bedachten) Arkadengang als auch von der Terrasse (Altane) aus konnte man den Blick in den Garten genießen. Bei Turnieren auf der vor dem Neuen Lusthaus gelegenen Rennbahn diente der Altan als Zuschauertribüne.

Doch vor allem sollte das Lusthaus Raum für größere Feierlichkeiten bieten und eine größere Anzahl von Teilnehmern aufnehmen können. Der große Saal im Obergeschoss war eigens dafür eingerichtet worden. Hier wurden vorwiegend Hochzeits- und Tauffestivitäten ausgerichtet, daneben aber auch Fastnachtsfeste und andere weniger offizielle Vergnügen. Bereits vor dem Umbau 1750 veranstaltete man im Lusthaus Theateraufführungen.

Das weitere Schicksal des Neuen Lusthauses

1750 wurde das noch bestehende Neue Lusthaus durch Leopoldo Retti in ein Opernhaus umgebaut. Das Äussere blieb weitgehend erhalten, lediglich das Innere erfuhr starke Veränderungen.
1752 wird an der westlichen Langseite ein Magazin für Dekorationen angebaut.
1757 verlängert man den Bühnenraum nach Norden.
1758 wird die Oper für den Herzog Carl Eugen erneut umgebaut, diesmal durch den Baumeister Philippe de La Guepiere
1811 Umgestaltung der äusseren Form (Abbruch eines Giebels) durch Nikolaus Friedrich von Thouret; auch das Äussere verschwindet nach und nach hinter den Anbauten und Erweiterungen
1845/46 anlässlich des Umbaus zum Hoftheater erfolgt der weitgehende Abriss des Neuen Lusthauses; lediglich die Umfassungsmauer einschließlich der Treppe an der Westseite und eine Folge von 15 Arkaden werden in den Neubau integriert.


1902 brennt dieser Neubau ab, es erfolgt der vollständige Abbruch der letzten Reste (ein neues Theater wird endgültig geplant und ab 1910 erbaut - an anderer Stelle: Das heutige große Haus der Württembergischen Staatstheater); der Abbruchleiter Beisbarth erkannte jedoch die Bedeutung dieses Bauwerks und hielt viele Details in Zeichnungen fest. Anhand dieser Zeichnungen und seiner Rekonstruktionen können wir uns heute noch ein gutes Bild vom ursprünglichen Zustand des Neuen Lusthauses machen.

Nach 1902 zog man den Wiederaufbau des Neuen Lusthauses (als Festgebäude) in Erwägung.

Seit 1904 stehen die Ruinenteile in den Oberen Anlagen (seit 1961 "Mittlerer Schlossgarten"). Weitere Fundstücke befinden sich heute im Lapidarium der Stadt Stuttgart (Mörikestraße 24), an der Villa Berg und ein Teil der Ahnenbüsten auf Schloss Lichtenstein.



Quelle (Auszüge): Wikipedia; Zentralblatt der Bauverwaltung vom 14. März 1903 und vom 8. Februar 1902

Montag, 11. Januar 2010

Die künstliche Ruine in Pillnitz

Wen die Geschichte dieser künstlichen Ruine in Pillnitz interessiert, der findet eine ausführliche Beschreibung unter diesem Link: Künstliche Ruine Pillnitz

Hier aber ein paar Impressionen von der Ruine und ihrer Darstellung auf alten Ansichtskarten:





Zu empfehlen ist auch die Seite auf Wikipedia über die Ruine von Pillnitz.

Montag, 4. Januar 2010

Der Grenzbahnhof Hermsdorf in Böhmen


Direkt hinter der heutigen Grenze zwischen Polen und Tschechien (ehemalige Grenze zwischen Sachsen und Böhmen) befindet sich der Grenzbahnhof Hermsdorf. Auch heute noch sind die imponierenden Ausmaße dieses Bahnhofs zu erkennen: das dreigeschossige Bahnhofsgebäude mit dem ehemaligen Grenzzollamt, ein Lokschuppen, Güterschuppen und umfangreiche Gleisanlagen.


Im Jahre 1884 entstand in Sachsen eine Schmalspurbahn, die von Zittau über Reichenau nach Markersdorf führte. Schon bald entstanden Pläne, diese Linie bis Friedland (in Böhmen) fortzuführen. In Sachsen wurde die Strecke im Jahre 1900 bis zum gemeinsamen Grenzbahnhof im böhmischen Hermsdorf verlängert.


Von Hermsdorf führte eine Schmalspurbahn nach Friedland mit einer in Österreich-Ungarn einmaligen Spurweite von 750 mm. Reisende, die von Reichenau nach Friedland fahren wollten, mussten in Hermsdorf umsteigen, bei Güterzügen wurden Lokomotive und Personal gewechselt. Regelmäßige durchgehende Personenzüge gab es weder nach 1918 noch nach der Annektierung des Sudetenlandes 1938, als die Strecke der Reichsbahndirektion Dresden unterstellt wurde.


Nach 1945 kam die Strecke zur CSD. Wegen Unrentabilität wurde der Verkehr am 22. September 1947 zunächst eingestellt. Am 28. Mai 1951 wurde der Güterverkehr zur Bedienung eines Steinbruches in Hermanice (Hermsdorf) wieder aufgenommen. Ab 14. Juli 1957 verkehrten dann auch wieder Reisezüge. Der Gütertransport auf der Strecke wurde am 13. Juni 1964 wieder eingestellt, da die aus der Anfangszeit der Bahn stammenden Gleisanlagen mittlerweile zu verschlissen waren. Die letzten Reisezüge verkehrten am 13. Januar 1976. In den Folgejahren war die Strecke auch weiterhin noch im Kursbuch der CSD enthalten, alle Züge verkehrten als Schienenersatzverkehr mit Bussen der CSAD.


Die offizielle Stilllegung der Strecke erfolgte 1984. Die Gleise wurden 1997 abgebaut. Seitdem verfallen auch die Gebäude auf dem Bahnhofsgelände zusehends...

Quelle: u. a. Wikipedia