Im Juli 2021 hat der Mitteldeutsche Verlag einen wunderschönen Bildband herausgegeben, der das Herz aller Lostplace-Fans höher schlagen lässt: „Vergessener Glanz - Lost Places in Europa“. Auf 240 Seiten stellt die 1980 in Dresden geborene Fotografin Carina Landgraf darin ihre schönsten Lostplaces vor, die sie nicht nur in Deutschland, sondern in halb Europa aufgespürt hat.
Schon beim ersten Aufschlagen und flüchtigen Durchblättern des Bildbandes fällt die exzellente Qualität der Fotos auf, und ich habe doch öfter als bei manch anderen Bildbänden zu diesem Thema bei vielen Aufnahmen erst einmal gestoppt, um sie genauer zu betrachten. Die ausgezeichnete Belichtung und Farbintensität ist durchweg beeindruckend, und gerade das ist bei Lostplaces ja sehr oft eine echte Herausforderung, an der schon viele andere Fotografen gescheitert sind. Der ein oder andere Lostplace kommt einem sicher bekannt vor, da man ihn bereits an anderer Stelle gesehen hat. Aber solch brillante Aufnahmen sind da definitiv eine Ausnahme und laden auch den „Kenner“ ein, den Ort noch einmal neu zu entdecken. Und da Carina Landgraf einige der Orte schon vor längerer Zeit dokumentiert hat, präsentiert sie diese noch in ihrer vollen Schönheit, die inzwischen durch Vandalismus, Zerstörung und Verwitterung vergangen ist - wie zum Beispiel die Fabrikantenvilla im Elsass.
Maximal zwei Fotos sind auf einer Seite platziert und entfalten so sehr schön ihre Wirkung. Viele ganzseitige Aufnahmen und mehrere doppelseitige Panoramen, an deren vielen Details man sich kaum sattsehen mag, komplettieren diesen Bildband in fotografischer Hinsicht.
Wenn ich Lostplaces aufsuche und erkunde, interessiert mich immer auch die Geschichte dieser Orte. Carina Landgraf „tickt“ da ähnlich, denn zu ihren Lostplaces gehören nicht nur die Fotos sondern auch höchst interessante und informative Texte. Sie beschreibt die Lostplaces und ordnet sie sehr bildlich in die jeweiligen Epochen ein, in denen sie entstanden und in denen sie ihre Funktion hatten. Diese Informationen sind mal kürzer, mal ausführlicher gehalten, je nachdem, wie erfolgreich die Recherche ausgefallen ist. Auf jeden Fall haben mich die Texte tief in die bewegte Geschichte der vergessenen Orte eintauchen lassen - sei es die imposante Villa in Italien, das Märchenschloss in Schlesien oder der Autofriedhof in Belgien.
Das ist übrigens auch eine Besonderheit dieses Bildbandes: Es werden nicht nur Gebäude gezeigt, sondern auch andere Lostplaces wie zum Beispiel besagter Autofriedhof oder ein Feldstück in Ungarn, auf dem seit über 20 Jahren mehrere ausrangierte Kampfflugzeuge stehen.
Wer also Freude an hochwertigen Fotos und interessanten Geschichten zu Lostplaces in Deutschland und elf weiteren europäischen Ländern hat, dem sei dieser Bildband wärmstens empfohlen. Zum Preis von 28 Euro erhält man viel mehr, als man eigentlich erwarten würde - mir jedenfalls ist es so ergangen.
An dieser Stelle herzlichen Dank an den Mitteldeutschen Verlag für das Rezensionsexemplar.